bis zur schwerelosigkeit

Gedichte

Rimbaud Verlag

ISBN 978-3-89086-498-3

15 €

 

 

 

 

 

Pressestimmen:

"(...)"bis zur schwerelosigkeit" schafft etwas, das nur sehr wenige Lyrikbände heutzutage
schaffen: Er ist sehr tiefgehend, und man kann sich an seinen Anspielungen reiben, man kann
sich mit ihnen auseinandersetzen, man kann sich überhaupt erst einmal auf die Suche nach ihnen
begeben, um dann zu reflektieren. (...) Christoph Leisten nimmt den Leser nicht nur bei der
Hand, er nimmt ihn auch bei all seinen Sinnen, und er lässt ihn immer im richtigen Augenblick
los, um ihn seine eigenen Schlüsse ziehen zu lassen (...)"
Gerrit Wustmann, cineastentreff.de / fixpoetry.com

"Kühn und wortmächtig wie auch karg und "alltäglich" bieten sich die Gedichte von Christoph
Leisten dem Lesenden dar - ohne Aufregung und Exaltiertheit tief eindringend in Vergangenes
und Gegenwärtiges, mäandernd zwischen Orient und Okzident, Werden und Vergehen. (...) Hier
treffen (...) tief schürfende Reflexionen auf wundersam leichte, fast schwebende Sprachbilder.
(...) Ineinander verflochtene Satzübergänge führen tief hinein in diese bewegenden
Sprachlandschaften, die uns bis nach Rom oder Nordwestafrika mitnehmen - schließlich bis ans
Ende des Lebens (...)"
Grit Schorn, Aachener Nachrichten

Auszüge:

VON LIDSCHLAG ZU LIDSCHLAG bleiben den augen
diese wenige sekunden nur, bilder freizugeben,

bis die zährung sich wieder erschöpft, der tränenfilm
zu erneuern ist in jener dunkelphase von hebung

und senkung, ausgeblendet von neuronen, für die
nur das zählt, was anscheinend so offenkundig

vor augen liegt. die personifikation schon
war ein trug nur, mehr noch der versuch, leib

und seele in ihrer dunklen verwebung aus dem auge
zu wischen wie fremdkörper, partikel, die den blick

verschmerzen für das, was zwischen den lidschlägen
liegt: jahrtausendwechsel, zehntelsekunden, ein vers,

fragmente von sätzen, oder eine ahnung, wie es weiter-
gehen würde angesichts des aufblühens von augentrost

in diesem garten, aus dem die liebe kommt oder der tod.

© Rimbaud Verlag


WERKSPUREN am postament eines tages,
dessen torso aus dem stein herausgeschlagen
scheint, während der abend schon

ins hochrelief verläuft: ein spiel zwischen
schatten und licht. so stellt jede skulptur
einen raum hin, aber wie umgehen

mit dem körper. non-finito, denkst du noch,
oder: die glieder sind falsch. doch alle tage
sind torsi, zerrissen zwischen werk

und wunsch. glaub mir, keine spur ist zu
verschlagen. jeder handgriff gräbt der zeit
ihre zeichen ab, gewinnt dem tag ein werk,

in dessen spuren eine andre impression erwacht.

© Rimbaud Verlag


SCHAMLOS, die schönheit jener städte,
die vom verfall gezeichnet sind: ein vergehen,

sie beim namen zu nennen, ihre größe
in den schmutz zu ziehen wie einen verlorenen

gott. ihre schönheit gleicht der jener gesichter,
von dunklen nächten entstellt, an denen einst

kein makel war. sie tragen ihre wunden offen,
jede furche vom gesicht bis zum geschlecht

erzählt von fingern, die sie einst berührt, all den
verlorenen gefährten. schweig davon, warum sie uns

im heruntergekommenen wohl mehr berühren
als jede grazie von fadem glanz. sie hechten

der zeit nicht nach. aufgegeben, sich zu ersehnen
in schöner schamlosigkeit, bleibt ihnen, sich selbst,

und darin noch einmal begierde ganz zu erspüren.

© Rimbaud Verlag


UNTER DER DÄMMERUNG schneiden störche
ihr schwingen in den himmel, bis der horizont
verläuft ins blut einer orange, wovon

du trinkst. dieses bild ist zu schön;
eine kalligraphie, die sich nicht lesen lässt.
am nebentisch faltet jemand das land

zusammen. es ist alles gesehen, die wüste
abgegrast, die rückkunft gebucht. man muss
einmal da gewesen sein. aber das land

sträubt sich, schon verschwinden die legenden
unter der falz. du drehst mit einer handbewegung
deine frage in den wind. wir wissen zu viel,

zu wenig, zum beispiel: dass die orange nur geborgt,
eine verborgene etymologie, beinah wie jede rückkunft,
aus den nestern der störche über dem zerfallenden palast.

© Rimbaud Verlag

der mond vergebens

Gedichte aus zehn Jahren
(1996-2006)

Rimbaud Lyrik-Taschenbuch Nr. 58

Rimbaud Verlag

ISBN-13: 978-3-89086-584-3
ISBN-10: 3-89086-584-4

15,- €

 

 

 

Pressestimmen:

"Mit scheinbar leichter Hand, dann wieder kühn - wie gegen den Widerstand der
Worte angeschrieben - lässt Leisten in seinen Gedichten eine verwundete Welt
entstehen, ein bewusst unvollständiges Puzzle des Lebens, zusammengehalten von
gestalterischer Kraft und sprachlicher Feinheit. - Unaufdringlich eindringlich, poetisch
und doch "handfest" kommen diese Gedichte daher und bieten der zerstückten Welt
buchstäblich Paroli."
Grit Schorn, Aachener Nachrichten


Auszüge:

JETZT erscheinen die augen
ausgewaschen vom letzten schnee,

das salz auf der zunge
land, eine ahnung von deiner haut.

wir schälen das jahr, du trägst
kerne in die erde des gartens.

in diesem bild ist auch deine farbe,
am rande der blüte, unsere haut,

das salz und die schrift, später
rückwärts gegen den staub gekehrt,

wo wir sie lesen können, tastend
in den senken von erde, zunge und haut,

mit ausgewaschenen augen.

© Rimbaud Verlag


sun, moon and stars

wir kennen einander schon,
lange bevor wir einander
begegnen. in einer dämmerung
am rande des sommers, vielleicht

zur zeit der letzten wärme, sehen
wir uns an aus augenwinkeln,
wo die sterne noch blind sind
vor licht, als hätten wir uns

schon immer gekannt: du und du,
und diese dunkle sprache dazwischen,
die jetzt niemand versteht außer uns,
sun, moon and stars, unsichtbar

verschlungene gestirne. und ich
lese mich in die nacht und lese
mich nur für uns und beginne mich
endlich zu verstehen: es heißt,

man soll sich kein bildnis machen.
ich brauche keines von dir.
ein augenblick von uns genügt
um uns zu verstehen. es dunkelt,

wir reden weiter, tiefer in die nacht,
und mehr noch drehen sich gestirne
umeinander. zeitenwende. wir atmen
die nacht und alle ungewissheit

darin. wir kennen einander schon.

© Rimbaud Verlag


tasten, worauf die buchstaben längst abgetragen sind
in ferne räume, wo sie von bildschirmen leuchten

in immer neuen variationen deiner worte,
die fremde augen wärmen und weiten, während

du weiterschreibst, blindlings wissend vor schmerz
und glück, zwischen trance und tränen die ganze nacht,

für die du zu müde bist, bis du davon erwachst,
im schatten des lichts, dass die bewegung deiner finger

all deine vielen facetten ins gegenüber schleift
und wieder zu dir zurück, wo du dich beginnen kannst,

tief unter den unsichtbaren zeichen, die sich dir zutragen,
leise und leicht, um dich hinüber ins freie zu tasten.

© Rimbaud Verlag


WENN WIR von einer sekunde
auf die andere durch einen plötzlichen
aufprall schrecklich auseinander-
gebrochen und in hohem bogen
durch die luft geschleudert
würden, dass nur noch fetzen
von uns blieben, nichts als
blutige fetzen, wüssten wir
für einen moment: es gibt keinen gott.
und dann wäre nichts mehr.

solange aber etwas ist, suchen
wir uns in der luft, lesen dunkle
zeichen in den wolken, psalmen
und schund, und suchen uns
daraus zusammenzusetzen,
was wir blindlings greifen können,
nichts als zerfetztes, blutiges
vielleicht, und nähen damit unheil-
bare wunden, in einem traum
von gott. solange nur etwas ist.

© Rimbaud Verlag

 in diesem licht

Gedichte
Rimbaud Verlag

ISBN 3-89086-691-3
15,- €

 

 

 

 

 

 

Pressestimmen:

"In seinem neuen Gedichtband macht sich Christoph Leisten auf die Suche nach
angespülten Wörtern, die in seiner Hand ausschlagen können, wenn sie auf den
Aderlauf ins poetisch Mehrdeutige treffen. (...) Das Licht dieser Texte sind die
Reflexe von Spiegelungen, ein hell-dunkles Zwielicht auch, das seismographisch
Verwandlungen anzeigt."
Angelika Overath, Neue Zürcher Zeitung

"Leisten wird zum lyrischen Botschafter zwischen verschiedenen Kulturkreisen."
Anton G. Leitner, "Das Gedicht", Nr. 12 2004/2005

"Die Sprache seiner Gedichte ist Sprache im Ausnahmezustand. (...) Der
Gedichtband zeigt dem Leser ein neues Talent in der deutschsprachigen
Lyriklandschaft, das wohltuend hervorragt aus dem meist mittelmäßigen Aufgebot
und Angebot von Gegenwartslyrikern."
Dieter P. Meier-Lenz, "die horen", Nr. 216 / 2004

"Äußerst vielschichtige Lyrik: Religiöses mischt sich mit Politischem,
Philosophisches mit Erotischem, bildende Kunst mit Ökologie, raffiniert verdichtet
zu anregenden Sprachlandschaften. Das ist hintergründige, nachdenkliche Lyrik,
mit Widerhaken, die auch innehalten lässt. Und: eine sehr zeitkritische Dichtung,
die ganz stark historisch verankert ist."
Eduard Hoffmann, Belgischer Rundfunk

"Das Buch gehört zu den interessantesten Neuerscheinungen des Jahres 2003."
Theo Breuer, "Faltblatt 10"


Auszüge:

BEIM AUFWACHEN verklingen
die bilder aus dem trailer eines films

zwischen nacht und geheutetem tag,
erinnerungen in der möglichkeitsform

und eine sichtblende im gehör zwischen
der letzten einstellung und dem verstummen

deines traums. licht zwitschert die schwalben
hervor, in deinen vorstellungen notieren sie jetzt

gerade den himmel, von dem du immer noch nichts weißt.

© Rimbaud Verlag


DER SOMMER: ein verwirrtes tier,
das nachts in unsere träume bellt.
beim frühstück buchstabieren wir uns
nachrichten, in fremden sprachen,
die fortgesetzt aus einem guss
zitieren. besser, hier hält man sich
an die horoskope. draußen blendet
die sonne mit ihrer behauptung,
dass alles noch beim alten sei.
die hunde hecheln sich stumm.

© Rimbaud Verlag


pantheon

überm stein stanzt diese hemisphäre
einen himmel aus blau. klarer

schnitt ins licht, woher noch andres
zu erwarten wäre als dieser

lichteinfall eines antiken gedanken-
gebäudes, in das der schritt

der besucher sich einspielt für
einen moment. draußen hingegen

sind die verhältnisse maßlos
geworden, und erst gassen

weiter fällt dein blick auf
die zeitung am tresen, die

blass unter neon die katastrophe
kündigt vom gestrigen tag.

© Rimbaud Verlag


souk

zum zenit ist der tag
eine wüste: angelegenheit
für die fugen aus licht,
in denen wir staubkörner

tanzen sehen. die sinne
verschwimmen, synästhetische
blicke aus büchern, deren deutungen
pendeln im takt der rezeptoren. eingeschrieben

den seiten der stadt, bist du hurenkind
und schusterjunge, staub einer atlas-
bindung, der von den postkarten fällt.

© Rimbaud Verlag


herkunft

die ziffer der kuppeln,
eine chemische fanfare
aus lila und jasminen:

der talisman, dessen intarsien
chiffon und ebenholz
matt in die masken massieren:

ein magazin der monsune,
in deren gala lauten
unter baldachinen havarieren:

die almanache, die für die algebra
limonen, kismet und karaffen riskieren.

© Rimbaud Verlag

entfernte nähe

Gedichte.
Mit Illustrationen von Hans Werner Geerdts

Calatra Press (Lahnstein 2001)

ISBN 3-88138-140-6

10,- €

 

 

 

 

 

Dieser Titel ist zur Zeit im Buchhandel vergriffen, jedoch über
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! noch in einigen Restexemplaren lieferbar.

Pressestimmen:

"Ein vielschichtiges Kaleidoskop gegenwärtiger Wirklichkeitserfahrung."
Aachener Zeitung


Auszüge:

abend im märz

die sechsuhrnachrichten bringen nichts neues
der frühling ist jetzt endlich da
die bombardements gehen weiter
im osten werden die mütter interviewt
politiker verhaspeln sich am genitiv
wir sitzen zum ersten mal auf dem balkon
und starren in den leeren himmel
die meldung des tages ist kurz
wir werden weiter unterrichtet
dann wird es langsam kühl


tattoo

den leib
beschrieben

die hautpartien
eines schulterblatts

die gravierenden
verletzungen

schwarzmalerisch
schöngefärbt

bis in die tieferen
schichten hinein

als ließen die zeichen
sich rücklings lesen

wie eine sprache
stummen schmerzes

unter der sonne

 

fundsachen

unter dem holunderbusch liegen gelassen
die überreste eines toten vogels

den jüngsten wurzelsprossen angewachsen
dein längst verlorengeglaubter knopf

ein markstück von lauter erde grüngespant
mit leichter hand wieder hergeschenkt

als anzahlung auf einen garten eden